[167] Dieselmotoren. Als einzylindrige, stehende, einfachwirkende Viertaktmaschine, wie sie in der Maschinenfabrik Augsburg seit 1897 entwickelt und in Bd. 2, S. 753, beschrieben wurde, wird der Dieselmotor jetzt in vielen Werkstätten hauptsächlich für Leistungen von 60 bis 125 PSe gebaut.
Für kleine Leistungen, etwa unter 20 PSe, wird er, wegen des gesonderten Luftkompressors, der die Anlaß- und Zerstäubungsluft liefern muß, zu teuer; dagegen werden für große Leistungen auch Dieselmotoren mit Zylindergrößen von mehr als 125 PSe gebaut. Bei Vergrößerung des Zylinders über diese Größe wachsen jedoch die konstruktiven Schwierigkeiten rasch und beträchtlich, einesteils wegen des hohen Kolbendruckes, andernteils weil die Verbrennung und die Kühlung schwieriger werden, weshalb man nicht gern viel über 500 mm Zylinderdurchmesser hinausgeht. Will man Maschinen von sehr großer Leistung bauen, so muß man viele Zylinder anwenden, obgleich dadurch, wegen der vielen Einzelheiten, die Betriebssicherheit beeinträchtigt und das Gewicht der Maschine vergrößert wird. Zunächst erhöhte man jedoch zur Steigerung der Leistung oder zur Gewichtsverminderung, Raum- und Kostenersparnis bei ortsfesten Maschinen die Umdrehungszahl auf 300 bis 400/min und vereinigte dann für noch größere Leistungen mehrere solche Maschinen in einem Gestelle zu sogenannten zwei- und mehrzylindrigen Schnelläufern. Auch ging man vom Viertakte zum Zweitakte über, bei dem der Auspuff und das Spülen und Laden mit Luft am Ende der Expansions- und am Anfange der Kompressionsperiode etwa in einem Siebentel der Zeit einer Kurbelumdrehung erfolgen muß, was große Auspuff- und Luftzuführungsöffnungen erfordert. Für den Zweitakt sind indessen Dieselmotoren geeigneter als Gasmotoren, weil beim Laden zu Anfang des Kompressionshubes mit Gasgemisch leicht etwas davon durch die Auspufföffnungen entweicht, während der Dieselmotor bei dieser Kolbenstellung nur mit Luft geladen und Brennstoff erst am Ende des Kompressionshubes eingespritzt wird. Bei der stehenden einfachwirkenden Zweitaktmaschine der Gebrüder Sulzer in Winterthur und Ludwigshafen erfolgt der Auspuff durch Schlitze am Ende des Kolbenniederganges rings um den Kolben, wie bei der Oechelhäuserschen Gasmaschine (s. Verbrennungsmotoren, Bd. 8, S. 760). Die Spül- und Ladeluft strömt durch vier auf den Deckel des Zylinders gleichmäßig verteilte Ventile ein. Eine doppeltwirkende Pumpe preßt die Spül- und Ladeluft in ein Rohr, das als Sammelgefäß dient und mit den Arbeitszylindern verbunden ist. Im Jahre 1911 war bereits eine vierzylindrige Maschine dieser Art von 2400 PS. im Betriebe. Eine weitere Aenderung der ursprünglichen Bauart bestand darin, daß man liegende Maschinen baute, einfachwirkende und doppeltwirkende, sowohl im Vier- als auch im Zweitakte.[167]
Fig. 1 zeigt eine liegende einfachwirkende Zweitaktmaschine. Der hintere Teil des Tauchkolbens wird von innen mit Wasser gekühlt. Durch zwei im Zylinderköpfe übereinander angeordnete Ventile tritt die Spül- und Ladeluft in einen Kanal, der sie wagerecht in den Zylinder führt, und in den der Brennstoff von hinten wagerecht eingespritzt wird. Der Auspuff erfolgt, wie bei der vorhin beschriebenen Maschine, durch Schlitze. Bei solcher Lage der Brennstoffnadel ist dafür zu sorgen, daß sich der Brennstoff gleichmäßig um die Nadelspitze verteilt und daß ihn ein kräftiger Luftstrom durch den Kanal in den Zylinder bläst, damit die Verbrennung am Arbeitskolben in seiner Totlage eingeleitet wird. Ersteres bewirkt z.B. die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg in der durch Fig. 2 dargestellten Weise. Bei geöffneter Einspritzöffnung wird durch den Druck der Luft in l der von b aus zugeführte Brennstoff in den um die Nadel herumgeführten Ringkanal r gedrückt und durch seine ringsum verteilte Bohrungen bei der Nadelspitze von der vorbeiströmenden Einspritzluft angesaugt. Diese Konstruktion erfordert eine quer hinter dem Zylinder liegende Steuerwelle. Um sie zu vermeiden, läßt die Gasmotorenfabrik Deutz den Einspritzkanal einen rechten Winkel bilden, bringt die Brennstoffnadel in dem senkrecht abwärts gehenden Schenkel desselben an und führt die Einspritzluft durch einen ähnlichen Kanal der Nadelspitze zu. Eine große Klasse von liegenden Oelmaschinen, die man mit dem Namen »Lietzmayer« zu bezeichnen pflegt, arbeitet mit sogenannter »offener Brennstoffdüse«. Zum Einspritzen wird hier ein kleines Luftventil l (Fig. 3) geöffnet. Der Brennstoff wird während des Saughubes durch die Brennstoffpumpe p in einen Kanal zwischen dem Luftventil und der Düsenplatte gebracht, aus dem ihn die Einspritzluft mit sich fortreißt und zerstäubt. Dies bietet den Vorteil, daß die Brennstoffpumpe mit geringem Drucke arbeitet; doch reißt der erste Luftstoß oft viel Brennstoff mit und bewirkt dann eine explosionsartige Drucksteigerung beim Beginne der Verbrennung.
Fig. 4 zeigt den Längsschnitt und Fig. 5 einen Querschnitt durch Zylinder und Deckel eines liegenden doppeltwirkenden Viertaktmotors der Maschinenfabrik Augsburg, welcher sich dadurch auszeichnet, daß bei seiner Konstruktion die Erfahrungen benutzt worden sind, die man an Dampfmaschinen mit Ventilsteuerung gemacht hat. Die Ventile sind nicht, wie sonst üblich,[168] in den Zylinderdeckeln (Zylinderköpfen), sondern am Zylinder selbst angebracht, die Auslaßventile unten, die Luftventile oben, was den Vorteil bietet, daß die Zylinderdeckel leicht abgenommen und der Kolben leicht herausgenommen werden kann. Die Deckel der Ventilgehäuse sind durch ein Gehäuse, das die Ventilspindel umschließt, und einige Rippen mit dem Ventilsitze fest verbunden, so daß auch dieser samt dem Ventil leicht herausnehmbar ist. Die Zylinderdeckel ragen in den Zylinder hinein und lassen oben und unten Kanäle oder »Taschen« frei, in welche die Ventile münden und der Brennstoff eingespritzt wird. Durch diese Kanäle wird die Ladeluft und der Brennstoff mit der Einspritzluft in der Achsenrichtung in den Zylinder, sowie die Verbrennungsluft aus demselben geführt, und die inneren Kanalwände schützen die Stopfbüchse vor der höchsten Verbrennungstemperatur. Der Kühlraum zwischen dem Zylinder und seinem Mantel ist weit, damit bei Ausdehnung des Zylinders durch Erhitzung kein Bruch zu befürchten ist. Auch der Kolben wird durch Wasser gekühlt, das durch die hohle Kolbenstange von der einen Seite hinein und nach der andern Seite hinausgeleitet wird. Die äußere Steuerung wird durch Exzenter bewegt, welche dauerhafter sind als die zu diesem Zwecke üblichen Nockenscheiben. Die Nockensteuerung wurde übrigens von der Nürnberger Maschinenfabrik dadurch sehr vereinfacht, daß sie pneumatische Kraftübertragung dabei anwendete. Mit dem Oeffnen des für alle Ventile gemeinsamen Drucklufthahns h (Fig. 6) wird der Nockenscheiben- und Hebelbetrieb eingeschaltet, der mittels des Kolbenschiebers k die Druckluft im erforderlichen Takte zu den einzelnen Ventilen gelangen läßt. Dort sind die Ventilspindelgehäuse zu kleinen Zylindern mit auf den Ventilspindeln beteiligten Kolben ausgestaltet. An den Enden dieser Zylinder wird die von a oder a1 (Fig. 6) kommende Druckluft mittels Rohrleitung eingeführt, schiebt die Kolben vor und öffnet dadurch die Ventile.
Ein doppeltwirkender Viertaktzylinder hat gegenüber dem Zweitakte den Nachteil, daß die Arbeitshübe beider Zylinderfüllungen unmittelbar aufeinander und dann zwei Auspuff- und Ladehübe folgen. Um möglichst gleichmäßigen Gang zu erreichen, muß man daher zwei solche Zylinder auf die Hauptwelle wirken lassen, die so gesteuert werden, daß gleichzeitig der Kolben des einen seine Auspuff- und Ladehübe und der des andern seine beiden Arbeitshübe macht. Die beiden Zylinder werden entweder nebeneinander liegend zu einer sogenannten Zwillingsmaschine oder gleichachsig hintereinander zu einer sogenannten Tandemmaschine verbunden.
Die Skizze Fig. 4 ist von einer Tandemmaschine von 600 PSe genommen, die im eigenen Betriebe der Maschinenfabrik Augsburg benutzt wurde. Für das städtische Elektrizitätswerk zu Halle a. S. lieferte diese Firma eine Tandemzwillingsmaschine dieser Art, deren vier Zylinder 650 mm Bohrung, 900 mm Hub und 200 mm äußeren Kolbenstangendurchmesser haben. Bei 150 Uml./min leistet sie unter normaler Belastung 1800 PS., bei Ueberlastung kann aber ihre Leistung ohne Schwierigkeiten auf 2000 PSe gesteigert werden.
Nach Art der Oechelhäuserschen Gasmaschinen (vgl. Verbrennungsmotoren, Bd. 8, S. 760) hat Junkers Zweitakt-Dieselmotoren konstruiert. An Stelle der Gaszuführungsschlitze der Oechelhäuserschen Maschine tritt hier eine Oeleinspritzungsöffnung in der Mitte des Kompressionsraumes. Aus dem für Zweitakt-Dieselmotoren bereits angegebenen Grunde arbeitet die Junkers-Maschine ohne die Brennstoffverluste, die bei Zweitaktgasmaschinen fast unvermeidlich sind. Bei Ueberlastung der Junkers-Maschine wird der Auspuff so gedrosselt, daß er mit 1% Atmosphären Druck erfolgt. Die Ladepumpe, die hier besonders groß ist, muß dann Luft von noch etwas größerer Dichtigkeit, also mehr Luft, in den Zylinder drücken, in der man entsprechend mehr Oel verbrennen und so die Leistung der Maschine steigern kann. Auch bei den einfachwirkenden Zweitaktmaschinen der Gebrüder Sulzer ist eine derartige Steigerung der Leistung möglich. Hier bleibt der Auspuff unverändert, und nach Beendigung desselben wird entsprechend verdichtete Luft nachgeladen. Um zur Eintaktwirkung zu gelangen, kuppelt Junkers, wenn sehr große Leistung verlangt wird, zwei seiner langen, mit je zwei Kolben arbeitenden Zylinder zu einer Tandemmaschine zusammen. Solche Maschinen erhalten eine sehr große Baulänge, sind aber trotzdem nicht nur als liegende, sondern für Seeschiffe auch als stehende Maschinen gebaut worden. Schiffsmaschinen für flüssige Brennstoffe waren, solange man auf Benzin und gereinigtes Petroleum zu ihrem Betriebe angewiesen war, wegen des hohen Preises und der Feuergefährlichkeit dieser Brennstoffe auf den Antrieb kleiner Fahrzeuge beschränkt. Ein wesentlicher Fortschritt wurde erst erreicht, als man zu dem Bau von Dieselmotoren überging, die mit billigerem, schwerer entzündlichem Rohpetroleum, ja sogar mit dem noch billigeren und schwerer entzündlichen Teeröle, einem Nebenprodukte der Steinkohlenkokerei, betrieben und mit einfachen Mitteln, ohne besondere Getriebe umgesteuert werden können.
Neben den eigentlichen Dieselmotoren werden für Fischerboote und ähnliche kleinere Fahrzeuge Maschinen gebaut, bei denen die Zündung nicht ausschließlich durch hohe Verdichtung der Ladeluft bewirkt, sondern durch einen Glühtopf eingeleitet wird, und die deshalb ohne besonderen Kompressor arbeiten und mit der Hand angelassen werden können (s. Petroleummaschinen).
Die ersten Schiffs-Dieselmotoren arbeiteten im Viertakte. Eine vierzylindrige einfachwirkende Maschine dieser Art, welche Friedrich Krupp A.-G. Germaniawerft im Jahre 1906 baute, hat sich sehr gut bewährt. Die Umsteuerung erfolgt durch Verschieben der Steuerwelle.[169] Hierdurch gelangen andersgeformte Nocken zum Eingriffe, wodurch die Arbeitsphasen zweckentsprechend verschoben werden. Eine einzige Luftpumpe vor dem Maschinenstande am Ende der Maschine versorgt die vier Zylinder. Seitdem ist die genannte Firma im Bau von einfachwirkenden Vier- und Zweitakt- sowie von doppeltwirkenden Zweitakt-Dieselmotoren außerordentlich tätig gewesen, in erster Linie für die Kriegsmarine, namentlich zum Antriebe von Unterseebooten. Anfangs 1912 sind auch mehrere Maschinen von großer Leistung für Handelsschiffe in Angriff genommen worden. Die Deutsch-Amerikanische Petroleumgesellschaft in Hamburg bestellte zwei Petroleumschiffe von je 1770 t und eines von 1500 t Ladevermögen. Erstere erhielten je zwei sechszylindrige einfachwirkende Zweitaktmaschinen von je 1150 PSe bei 140 Uml./min.
Auch die Firma J. Frerichs & Co. A.-G., Osterholz-Scharmbeck, gehört zu den ersten deutschen Werften, die Schiffs-Dieselmaschinen bauten. Sie erwarb das Ausführungsrecht für Junkers-Maschinen. Im Jahre 1912 wurden zwei 650 pferdige Maschinen dieser Art für ein Tankschiff der Deutschen Petroleumgesellschaft von 4000 t Tragfähigkeit gebaut. Jede der beiden Maschinen arbeitet mit drei stehenden Zylindern von 390 mm Durchmesser bei 450 mm Hub, in denen je zwei gegenläufige Kolben auf und nieder gehen.
Die Aktiengesellschaft Weser in Bremen baute für ein Frachtschiff der Hamburg-Amerika-Linie von 6500 t Wasserverdrängung zwei stehende Tandem-Junkers-Maschinen von je 800 PSe bei 120 Uml./min. Ihre acht Kolben haben 400 mm Durchmesser und zweimal 400 mm Hub.
Zum Antriebe des Schiffes »Monte Penedo« der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschiffahrtsgesellschaft, das im September 1912 seine erste Reise nach Südamerika und zurück mit 1011 Knoten Fahrgeschwindigkeit ohne die geringste Betriebsstörung zurückgelegt hat, lieferte die Maschinenfabrik von Gebrüder Sulzer zwei einfachwirkende vierzylindrige Zweitakt-Dieselmotoren von je 850 PSe bei 160 Uml./min., deren Arbeitszylinder 450 mm Durchmesser und 680 mm Kolbenhub haben.
Das von Burmeister & Wain in Kopenhagen gebaute, im Sommer 1912 von der Hamburg-Amerika-Linie angekaufte Dieselschiff »Christian X.« von 7000 t Tragfähigkeit hat zwei einfachwirkende achtzylindrige Viertaktmaschinen von je 1000 PSe, deren Zylinder 530 mm Durchmesser bei 650 mm Kolbenhub haben.
Die Frage, ob der Vorteil, den Dieselmotoren den Dampfmaschinen mit ihren schweren, viel Raum einnehmenden Wasserkesseln und Kohlenvorräten gegenüber für die Schiffahrt bieten, durch ihren verwickelten Bau und größere Empfindlichkeit in der Behandlung nicht zu sehr beeinträchtigt wird, kann erst nach längerer Erfahrung beantwortet werden.
Literatur: [1] A.J. Chalkey, Dieselmaschinen für Land- und Schiffsbetrieb; ins Deutsche übersetzt von E. Müller, Berlin 1912. [2] Ch. Poehlmann, Neuere Rohölmotoren, Berlin-Charlottenburg 1912. [3] G. Supino, Motori Diesel, Mailand 1912. [4] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1897, S. 785, 817, 845; 1899, S. 36; 1910, S. 1469; 1911, S. 1318, 1345, 1909, 1963; 1912, S. 81, 289, 377, 472, 1535, 2121; 1913, S. 1, 134. [5] D.R.P. Kl. 46 Nr. 217665, 241868. Literatur s. unter Petroleum- und Verbrennungskraftmaschinen.
Th. Beck.
Lueger-1904: Dieselmotoren [1]
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